Projektfilm

Projektfilm

Doku „Blühende Industriegebiete“ für mehr biologische Vielfalt in Unternehmen

Bei der Premiere des Videofilmes „Blühende Industriegebiete“ gab es am 25. September großen Applaus vom Publikum in der Messe Freiburg. Der 27-minütige Dokumentarfilm ist über youtube frei verfügbar und zeigt, wie Auszubildende von vier Unternehmen im Industriegebiet Freiburg Nord Ideen für das eigene Firmenareal entwickeln und umsetzen. Die Belegschaften profitieren vom begrünten Dachgarten, vom erweiterten Kantinenfreisitz mit hunderten von insektenfreundlichen Pflanzen, einem großen Wandbild mit einheimischen Tiermotiven, Hochbeeten mit selbst angebautem Gemüse, einer großen bunten Blumenwiese am Empfang mit Infotafel und zahlreich aufgehängten Nisthilfen, in denen bereits die ersten Meisen gebrütet haben.

Interview imit den beiden Filmemachern Hans-Jörg Schwander und Mayada Wadnomiry

Hans-Jörg Schwander und Mayada Wadnomiry haben den Videofilm „Blühende Industriegebiete“ gemeinsam produziert. Der Münchener Umweltjournalist Dr. Horst Hamm sprachen mit den beiden Filmemachern.

Horst Hamm: Der Filmtitel „Blühende Industriegebiete“ hat ja mit der Wirklichkeit vieler Industriegebiete nicht allzu viel zu tun. Ist das Ihre Vision?

Schwander: In der Tat hört sich das zunächst wie ein Widerspruch an. In der Regel finden wir auf Gewerbeflächen graue Hallen und riesengroße Parkplätze, die sich im Sommer ordentlich aufheizen und zu den Hotspots in allen Städten gehören. Da ist wenig Platz für Blühendes. Das muss aber nicht so sein. Angesichts der Klimakrise und dem damit einhergehenden Artenschwund sind die Unternehmen offen dafür, für mehr biologische Vielfalt auf ihrem Betriebsgelände zu sorgen.

Horst Hamm: Was hat sie bewogen, diesen Film zu produzieren?

Schwander: Zunächst war im Rahmen des Projektantrages nur ein 5-minütiger Trailer geplant. Wie bei allen innovativen Projekten wussten wir zunächst nicht, wohin die Reise geht. Wollen die Auszubildenden sich filmen lassen oder gar ein Interview geben, werden Drehgenehmigungen von den Firmen erteilt? Wer kann die Kamera übernehmen und wer findet zu den jungen Leuten die richtige Sprache? So kam Mayada Wadnomiry ins Spiel, die von Anfang an dabei war. Alsbald hatten wir viele tolle Interviews und Aufnahmen im Kasten. Durch die Corona-Krise konnte manches nicht verwirklicht werden, aber wir konnten Fördermittel umschichten und einen halbstündigen Film realisieren.

Horst Hamm: Frau Wadnomiry, Sie arbeiten als Videographin schon einige Jahre zu ganz unterschiedlichen Themen. War das Thema neu für sie?

Wadnomiry: Die meisten Themen, die ich bisher umgesetzt habe, waren gesellschaftspolitischer Art. Aber neben meiner videojournalistischen Arbeit habe ich als Lehrerin in einer Öko-Station in Ägypten unterrichtet, und so war ich mit der Klimathematik vertraut. Seit vier Jahren lebe ich in Freiburg und hatte so die Möglichkeit, verstärkt an Videoprojekten zu Klimawandel und Klimaschutz zu arbeiten. Das BIG-Projekt war zu interessant, um es zu verpassen, ich musste dabei sein.

Horst Hamm: Was hat sie an diesem Film gereizt?

Wadnomiry: Die Arbeit mit Hans-Jörg, der so engagiert die Meinung vertritt, dass wir heute alle etwas gegen den Klimawandel und den Artenschwund tun müssen. Und zu sehen, wie er dieses Anliegen im Rahmen eines nachhaltigen Bildungsprojekts der jungen Generation vermittelt – das war großartig.

Horst Hamm: Was wollen Sie mit dem Film erreichen?

Schwander: Der Film soll Unternehmen animieren, selbst aktiv zu werden und die Potenziale auf dem eigenen Gelände zu nutzen, z. B. einen Rasen in eine artenreiche Blumenwiese zu verwandeln, Wohlfühlinseln für die Belegschaft zu gestalten, mit Kletterpflanzen Gebäude vor Überhitzung zu schützen. Lassen sich die Betriebe auf solch einen Prozess ein, steigt die Zufriedenheit der Belegschaft, Mittel werden eingespart und Ressourcen geschont. Diese Botschaft ist natürlich nicht nur für Freiburger Firmen hochinteressant, sondern für Unternehmen in ganz Deutschland und Europa – und darüber hinaus. Deshalb gibt es den Film demnächst auch in einer englischen und französischen Sprachversion.

Kulturforum: Lassen Sie mich einmal über die Schulter schauen: Wie entsteht der rote Faden bei einem solchen Filmprojekt?

Schwander: Sie müssen sich auf die Kernbotschaften besinnen. Wer sind die Hauptakteure? Es sind die Auszubildenden, die zuallererst zu Wort kommen sollen. Was soll der Film leisten? Er soll unterhaltsam sein, die Zuschauer in den Bann ziehen und zugleich Inhalte vermitteln. Nach der Sichtung von ca. zwölf Stunden Filmmaterial liegen die Sequenzen vor, die unbedingt Bestandteil des Filmes sein sollten. Dann starteten wir mit einem Mindmap und ordneten die Sequenzen im Uhrzeigersinn an, immer mit der prüfenden Frage, wo können Bezüge und Verbindungen auf der inhaltlichen oder bildlichen Ebene geschaffen werden. Das war ein intensiver Prozess, bei dem wir hervorragend zusammengearbeitet haben. Mayada hat anschließend den Filmschnitt gemacht.

Horst Hamm: Gibt es eine Stelle, die Ihnen im Film besonders gut gefällt?

Wadnomiry: Stark beeindruckt hat mich, wie viele Ideen innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden konnten. Die Vorher- und Nachher-Bilder finde ich im Film deshalb am wirkungsvollsten. Das positive Fazit der beteiligten Auszubildenden lässt hoffen, dass der Funke auf die nächste Ausbildungsgeneration überspringt und auch andere Unternehmen sich inspirieren lassen.

Hans-Jörg Schwander, Jahrgang 1958, studierte Landschaftsplanung und Kommunikationswissenschaften. Er arbeitete fünf Jahre in der Naturschutzverwaltung Baden-Württembergs, gründete 1996 die impuls GBR Medien und Planung und 2004 die Innovation Academy, deren Leiter er seither ist.

Mayada Wadnomiry, Jahrgang 1990, studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften in Ägypten. Sie arbeitet seit 2010 als Videojournalistin und Videographin. Sie engagiert sich für interkulturelle Medienprojekte und ist freiberufliche Photographin.

Das Projekt wird gefördert durch